Jennifer Dürst | Michael Lüdi | Stefanie Meyenhofer | Severine Vogel10.06.2020

Tages Anzeiger / Beilage "Fokus 50 Plus" - Der Vorsorge Sorge tragen

Wer frühzeitig plant, kann gelassen in den dritten Lebensabschnitt starten.

Haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, wer Ihr Vermögen, Ihr Einfamilienhaus oder Ihre Unternehmensanteile nach Ihrem Ableben erhalten soll? Wer soll Ihren Willen umsetzen und notfalls durchsetzen? Wer soll Sie unterstützen, falls Sie im Alter Hilfe benötigen? Für eine Nachlass-, Nachfolge- und Vorsorgeplanung ist es nie zu früh, jedoch schnell zu spät. Auch wenn wir uns heute ungern mit diesen Themen von morgen befassen, schafft eine frühzeitige Planung Sicherheit.

Ausgangslage 
Bedürfnisgerechte Lösungen sind für die Planung entscheidend. So gestaltet sich die Vorsorgeplanung für ein Ehepaar mit oder ohne Kinder anders als für eine Person im Konkubinat, eine verwitwete Person oder eine alleinstehende Person. Bei Patchworkfamilien ist eine detaillierte Planung und Aufklärung über die Rechtslage genauso wichtig, um unvorhergesehene Überraschungen, wie beispielsweise hohe Erbschaftssteuern, zu vermeiden.

Planungsinstrumente 
Bei verheirateten Personen stellt sich bei der Nachlassplanung oft die Frage der Meist- oder Minderbegünstigung. Ziel der Meistbegünstigung ist es, dem überlebenden Ehegatten möglichst viel zukommen zu lassen, damit dieser mit einem finanziellen Polster im Alter leben kann. Die Meistbegünstigung geht dabei – zumindest vorübergehend – zulasten der Kinder, die dadurch erst später das Gesamtvermögen erben. Die Minderbegünstigung bezweckt das Gegenteil, nämlich die optimale Begünstigung der Kinder zulasten des überlebenden Ehegatten. Weitere Planungsinstrumente sind beispielsweise die Gewährung einer Nutzniessung oder eines Wohnrechtes oder aber die Ausrichtung von Vermächtnissen (statt einer Erbeinsetzung). Sodann können eine Erbschaft oder Vermächtnisse an Auflagen oder Bedingungen geknüpft werden. Auch Schenkungen zu Lebzeiten sind Planungsinstrumente, deren Steuerfolgen jedoch detailliert abgeklärt werden sollten.

Kann ich wählen, wer mein Vermögen erhält? 
Das Gesetz enthält verschiedene Vorgaben zur Nachlassplanung. So ist insbesondere, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu verhindern, der Pflichtteil der Nachkommen sowie des Ehegatten zu berücksichtigen. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern beträgt der Pflichtteil der beiden Kinder derzeit noch 3/8 und derjenige des überlebenden Ehegatten 2/8. Somit kann die nachlassplanende Person in diesem Beispiel über 3/8 des Vermögens frei verfügen, ohne dabei zu riskieren, dass spätere Rechtsstreitigkeiten entstehen. Zu beachten ist, dass lebzeitige Schenkungen allenfalls hinzuzurechnen sind. Die in absehbarer Zeit vorgesehene Pflichtteilsreduktion kann bereits heute in der Planung mitberücksichtigt werden (geplante Erbrechtsrevision).

Bei Personen ohne pflichtteilsgeschützte Erben sehen die Begünstigungsoptionen vielseitig aus und werden individuell in Abstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben geplant. In der Praxis ist es auch möglich, eine wohltätige Stiftung zu begünstigen oder eine solche von Todes wegen zu errichten.

Sollte ein Bezug zum Ausland bestehen, beispielsweise durch ein Konto, Ferienhaus oder Wohnsitz von Erben im Ausland, muss auch das internationale Recht (wie unter anderem die EU-Erbrechts- und EU-Güterrechtsverordnung) in die Planung miteinbezogen werden.

Wie erfolgt die Planung? 
Die Planung selbst erfolgt durch Schriftstücke, die individuell erarbeitet und – je nach Dokument – vom Notar öffentlich beurkundet werden müssen. Das Planungspaket kann dabei einen Erbvertrag und/oder Testamente sowie Patientenverfügungen, Vorsorgeaufträge und weitere Wunscherklärungen (bspw. betreffend Begräbnis) umfassen. Zudem sollte auch die Begünstigungsregelung bei der eigenen Pensionskasse nicht vergessen werden. Bei verheirateten Personen kann das Planungspaket mit einem Ehevertrag ergänzt werden.

Was geschieht, wenn sich in meinem Leben etwas verändert? 
Rasch kann es gehen, und das Leben ändert sich. Zu denken ist dabei an eine Ehekrise, Trennung, Scheidung oder gesundheitliche Probleme. Doch wie ist mit einer solchen Situation umzugehen? Während ein Testament, eine Patientenverfügung oder ein Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen oder geändert/ergänzt werden können, können Ehe- oder Erbverträge nur mittels Zustimmung der weiteren Vertragsparteien aufgehoben oder geändert werden. Wichtig ist, dass im Falle einer veränderten Lebenssituation die bestehende Planung überdacht und den neuen Verhältnissen angepasst wird. Eine Vorsorgeplanung ist nie starr, sondern bewegt sich mit der Zeit.

Wer sorgt für mich, wenn ich Hilfe brauche? 
Auch Vorkehrungen für die Vorsorge zu Lebzeiten sollten nicht vergessen werden. Dazu stehen primär der Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung im Vordergrund. Sollten Sie im Alter Ihren Willen nicht mehr kundgeben können, können Sie in einer Patientenverfügung Ihre medizinischen Wünsche, wie zum Beispiel den Einsatz von lebenserhaltenden Massnahmen, festhalten und Ihren Nächsten damit wichtige Entscheide abnehmen. In einem Vorsorgeauftrag hingegen regeln Sie gezielt, welche Person(en) Sie im Alter mit Bezug auf Alltags- und Vermögensfragen an Ihrer Seite haben möchten.  Haben Sie in Ihrem Vorsorgeauftrag jemanden bestimmt, der Ihnen zur Seite stehen soll, so hat sich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde grundsätzlich an Ihren Wunsch zu halten.

Fazit 
Selbstbestimmung erlaubt eine massgeschneiderte Vorsorge. Plant man rechtzeitig und bedürfnisgerecht, können teure, langjährige Gerichtsverfahren und unliebsame Steuerfolgen verhindert werden. Auch tun Sie Ihren Nächsten damit einen Gefallen, die Ihrem letzten Wunsch Sorge tragen können.

Veröffentlicht in der Tages Anzeiger Beilage "Fokus 50 Plus" vom 18. Mai 2019.