Neuerungen im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Wer ungerechtfertigt betrieben wurde, kann ab dem 1. Januar 2019 dafür sorgen, dass Dritte nicht von der Betreibung erfahren.
In der Schweiz ist es verhältnismässig einfach, gegen eine juristische oder natürliche Person ein Schuldbetreibungsverfahren einzuleiten. Insbesondere ist es nicht nötig, dass der Betreibende Beweise für die geltend gemachte Schuld vorlegt. Mit einer Betreibung - auch einer nicht gerechtfertigten - geht stets ein Eintrag im Betreibungsregister der betriebenen Person einher. Dieser Eintrag ist bei entsprechendem Interessennachweis auch für Dritte erkennbar. Ein solcher Eintrag im Betreibungsregister kann für die betriebene Person unter Umständen negative Folgen haben, beispielsweise wenn eine Vertragspartei vor dem Vertragsschluss von ihr einen Betreibungsregisterauszug verlangt. Der Bundesrat hat im September 2018 deshalb beschlossen, per 1. Januar 2019 diverse Änderungen im Bundesgesetz über Schuldbetreibung- und Konkurs (SchKG) in Kraft zu setzen:
Einsichtsrecht:
Ab dem 1. Januar 2019 kann ein betriebener Schuldner vom Betreibungsamt verlangen, dass über eine ungerechtfertigte Betreibung gegenüber Dritten keine Auskunft mehr erteilt wird (Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG in der Fassung ab 1. Januar 2019). Der betriebene Schuldner muss dafür ein entsprechendes Gesuch beim Betreibungsamt einreichen und eine Gebühr in Höhe von CHF 40 bezahlen. Voraussetzung ist, dass der betriebene Schuldner Rechtsvorschlag gegen die Betreibung erhoben hat und der betreibende Gläubiger während drei Monaten keine Anstalten gemacht hat, den Rechtsvorschlag beseitigen zu lassen. Erbringt der Gläubiger in einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von zwanzig Tagen jedoch den Nachweis, dass er rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet hat (Rechtsöffnung oder Klage), wird die Auskunft an Dritte nach wie vor erteilt. Wird der Nachweis erst nachträglich erbracht oder die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten ebenfalls wieder zur Kenntnis gebracht.
Ein Gesuch, Dritten über eine ungerechtfertigte Betreibung keine Auskunft zu erteilen, kann auch für Betreibungen gestellt werden, die vor dem 1. Januar 2019 eingeleitet worden sind (Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 vom 18. Oktober 2018, Rz. 19).
Vorlage der Beweismittel:
Gemäss dem revidierten Art. 73 SchKG in der Fassung vom 1. Januar 2019 kann der betriebene Schuldner jederzeit nach Einleitung der Betreibung verlangen, dass der Gläubiger aufgefordert wird, die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle gegenüber dem Schuldner fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Bisher (d.h. bis 31. Dezember 2018) bestand dieses Recht nur innert einer 10-tägigen Bestreitungsfrist.
Kommt der betreibende Gläubiger dieser Aufforderung nicht nach, so wird dies vom Gericht beim Entscheid über die Prozesskosten in einem nachfolgenden Rechtsstreit berücksichtigt. Die Nichtvorlage der Beweismittel bedeutet für sich allein allerdings keinen Rechtsmissbrauch und führt daher auch nicht zur Nichtigkeit der Betreibung.
Richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung:
Ein betriebener Schuldner hat das Recht, geltend zu machen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Kann dieser Nachweis nicht durch Urkunde erbracht werden (Art. 85 SchKG) kann der Nichtbestand bzw. die Stundung der Forderung im ordentlichen Verfahren geltend gemacht werden (Art. 85a SchKG oder Art. 88 ZPO). Insbesondere bei hohen Streitwerten ist eine Klage nach Art. 85a SchKG für den betriebenen Schuldner attraktiver als eine Klage nach Art. 88 ZPO.
Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (teilweise gelockert in BGE 141 III 68) konnte eine Klage nach Art. 85a SchKG allerdings nur dann geführt werden, wenn entweder kein Rechtsvorschlag erhoben worden ist, oder wenn dieser rechtskräftig beseitigt wurde. Die praktische Bedeutung der (negativen) Feststellungsklage gemäss Art. 85a SchKG war deshalb eher gering. Art. 85a SchKG in der Version vom 1. Januar 2019 sieht neu explizit vor, dass die Feststellungsklage jederzeit möglich ist, und zwar unabhängig davon, ob Rechtsvorschlag erhoben worden ist oder nicht.