Désirée Wiesendanger / Manuel Bearth10.06.2020

Faktische Abschaffung der Inhaberaktie und verschärfte Transparenzvorschrift

Am 1. November 2019 ist das Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Global Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke in Kraft getreten, wobei insbesondere die faktische Abschaffung der Inhaberaktie sowie verschärfte Transparenzvorschriften bei AG und GmbH hervorzuheben sind.

I. INHABERAKTIEN

1. Inhaberaktien nur noch beschränkt zulässig
Ab 1. November 2019 sind Inhaberaktien nur noch unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • mindestens ein Teil der Beteiligungspapiere der Gesellschaft ist an einer Börse kotiert oder
  • die Inhaberaktien sind als Bucheffekten ausgestaltet

Diese Voraussetzungen gelten sowohl für bereits bestehende als auch für neu ausgegebene Inhaberakten.

2. Meldung zulässiger Inhaberaktien beim Handelsregisteramt
Bestehende, zulässige Inhaberaktien müssen innerhalb der Übergangsfrist von 18 Monaten (d.h. bis am 30. April 2021) unter Angabe des Grundes ihrer Zulässigkeit (siehe oben) dem Handelsregisteramt gemeldet werden.

Werden zulässige Inhaberaktien neu ausgegeben, ist dies dem Handelsregisteramt unter Angabe des Grundes der Zulässigkeit sofort zu melden.

3. Umwandlung unzulässiger Inhaberaktien in Namenaktien

  1. Eigenständige Umwandlung
    Nicht mehr zulässige Inhaberaktien sind innerhalb der Übergangsfrist von 18 Monaten (d.h. bis am 30. April 2021) in Namenaktien umzuwandeln.
  2. Zwangsumwandlung
    Findet bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 30. April 2021 keine eigenständige Umwandlung von nicht mehr zulässigen Inhaberaktien in Namenaktien statt, erfolgt die Umwandlung von Gesetzes wegen.
  • Die Änderungen im Handelsregister werden durch das Handelsregisteramt von Amtes wegen vorgenommen.
  • Nach erfolgter Zwangsumwandlung muss die Gesellschaft ihre Statuten entsprechend anpassen. Solange diese Anpassung nicht vorgenommen worden ist, lehnt das Handelsregisteramt jegliche Anmeldung zur Eintragung einer anderweitigen Statutenänderung ab.
  • Eigenschaften wie Liberierungsquote, Nennwert, Stimmrecht und vermögensrechtliche Ansprüche werden bei der Umwandlung beibehalten.
  • Die Gesellschaft bzw. der Verwaltungsrat muss das Aktienbuch aktualisieren und diejenigen Aktionäre darin eintragen, die der in Art. 697i OR des bisherigen Rechts vorgesehenen Meldepflicht ihrer Inhaberaktien nachgekommen sind. Wurde dieser Meldepflicht nicht nachgekommen, so können die mit diesen Aktien verbundenen Rechte nicht mehr ausgeübt werden, was ebenfalls im Aktienbuch vermerkt werden muss.
  • Aktionäre, die ihrer Meldepflicht nach Artikel 697i des bisherigen Rechts nicht nachgekommen sind und deren Inhaberaktien in Namenaktien umgewandelt worden sind, können innert fünf Jahren nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen mit vorgängiger Zustimmung der Gesellschaft beim Gericht ihre Eintragung in das Aktienbuch beantragen. Sofern innerhalb dieser Frist kein Antrag auf Eintragung gestellt wird, werden die betroffenen Aktien von Gesetzes wegen nichtig und durch eigene Aktien ersetzt. Die jeweiligen Aktionäre verlieren dabei die mit ihren Aktien verbundenen Rechte.
  • Sofern die Aktien eines Aktionärs ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind, kann dieser unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von zehn Jahren gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen.

II. SANKTIONEN

1. Strafrechtliche Sanktionen
Unter bisherigem Recht hatten Aktionäre, welche ihrer Meldepflicht bezüglich der an den Aktien wirtschaftlich berechtigten Personen nicht nagekommen sind, nur zivilrechtliche Folgen zu befürchten. Mit der am 1. November 2019 in Kraft gesetzten Gesetzesrevision zieht der Verstoss gegen die Meldepflicht nun auch strafrechtliche Sanktionen nach sich. Neu wird mit Busse bestraft, wer vorsätzlich den Meldepflichten nicht nachkommt bzw. eine fehlerhafte Meldung vornimmt.

Auch die vorsätzliche Verletzung der Pflicht zur Führung des Aktien- bzw. Stammanteilbuchs und des Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen auf Stufe Gesellschaft ist neu strafbar und wird ebenfalls mit Busse bestraft.

2. Neuer Organisationsmangeltatbestand
Neu führt das nicht vorschriftsgemässe Führen des Aktien- bzw. Stammanteilbuchs und des Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen auch zu einem Organisationsmangel in der Gesellschaft. Der Gesellschaft droht als ultima ratio damit schlimmstenfalls die Auflösung durch das Gericht.

III. EMPFEHLUNGEN

Um allfällige Unsicherheiten im Hinblick auf die Folgen einer Zwangsumwandlung zu verhindern, wird dringend empfohlen, unzulässige Inhaberaktien vor Ablauf der Übergangsfrist am 30. April 2021 in Namenaktien umzuwandeln.

Auf Stufe Gesellschaft ist sicherzustellen, dass der Pflicht zur Führung des Aktien- bzw. Stammanteilbuchs und des Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen nachgekommen wird.

Aktionäre sollten schliesslich darum besorgt sein, dass sie ihre Meldepflichten in Bezug auf ihre Inhaberaktien und den daran wirtschaftlich berechtigten Person erfüllen.