Michael Lüdi / Michael Hamm09.06.2020

Bescherung an Weihnachten (und im Nachhinein)

Müssen (Weihnachts-)Geschenke in einer späteren Erbteilung ausgeglichen werden?

Weihnachtszeit ist oft die Zeit, in welcher die Familien zusammenkommen und sich untereinander beschenken. Weihnachtsgeschenke können aber nicht nur Freude bereiten, sondern sorgen später oft – vor allem unter Geschwistern – für Diskussionsstoff. Der Grundsatz, dass man lieber noch «mit warmer Hand schenkt», führt manchmal zu unschönen Streitigkeiten in der Erbteilung; insbesondere wird in Erbteilungen häufig vorgebracht, dass sich einzelne Erben Geschenke an ihren Erbanteil anzurechnen hätten. Bezüglich lebzeitiger Zuwendungen empfiehlt sich daher (insbesondere dann, wenn diese nachlassrelevant sein könnten), bereits zu Lebzeiten Klarheit zu schaffen, damit unklare Streitigkeiten in der Erbteilung vermieden werden können.

Wie lebzeitige Schenkungen in einer Erbteilung zu berücksichtigen sind, wenn überhaupt, kann – nebst der gesetzlichen Vermutung –  vom Erblasser selbst bestimmt werden. Nachfolgend werden in einer kurzen Übersicht die Grundzüge der Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen dargelegt:

Selbstverständlich ist als Ausgangspunkt festzuhalten, dass jede Person, im Rahmen des Gesetzes, über ihr Vermögen frei verfügen kann und dies auch soll. Potentielle Erben haben keinerlei Anspruch, dass der Erblasser/die Erblasserin lebzeitig sein/ihr Vermögen für sie bewahrt. Auch haben die Kinder keinen Anspruch auf (lebzeitige) Gleichbehandlung. Jede/Jeder ist frei, lebzeitig Geschenke zu machen, so viel und an wen sie/er Lust haben. Schenken die Eltern bereits zu Lebzeiten ihren Kindern Vermögenswerte, welche nicht mehr als Gelegenheitsgeschenk betrachtet werden können, so haben die Beschenkten diese jedoch von Gesetzes wegen in der späteren Erbteilung auszugleichen. Beschenkte Dritte müssen das Erhaltene unter Umständen gar zurückerstatten, wenn mit der Schenkung Pflichtteile verletzt worden sind.

Das Gesetz geht also davon aus, dass Eltern ihre Nachkommen gleich begünstigen wollen und dass die Nachkommen in der Erbteilung somit alles auszugleichen haben, was der Erblasser ihnen als «Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schuldenerlass» und dergleichen zugewendet hat, sofern er nichts Gegenteiliges verfügte. Es steht einem Erblasser aber frei, vom Grundsatz der Gleichbehandlung (durchaus begründet) abzuweichen und die Nachkommen betreffend allfällige lebzeitigen Zuwendungen von einer Ausgleichungspflicht zu befreien. Ist dies beabsichtigt, so ist zu empfehlen, den Ausgleichungsdispens schriftlich, am besten in Form einer letztwilligen Verfügung, konkret festzuhalten. Da unter Umständen nicht immer klar sein dürfte, ob die lebzeitige Schenkung unter «Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schuldenerlass» fällt, ist zu empfehlen, dass so oder so festgehalten wird, ob die Nachkommen lebzeitige Zuwendungen auszugleichen haben (oder nicht).

Ungeachtet der Möglichkeit eines Ausgleichungsdispens ist zu beachten, dass Schenkungen, welche nicht ausgeglichen werden müssen, allenfalls der Herabsetzung unterliegen, sofern diese so hoch sind, dass Pflichtteile (welche voraussichtlich per 1.1.2021 reduziert werden) verletzt würden.

Von der gesetzlichen Vermutung der Ausgleichungspflicht der Nachkommen ausgenommen sind Zuwendungen, welche die Ausbildungskosten der Nachkommen betreffen, sofern diese das übliche Ausmass nicht überschreiten. Zuwendungen im Rahmen eines Studiums dürften somit beispielsweise, unter Berücksichtigung aller Umstände sowie unter Beachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erblassers, nicht der Ausgleichung unterliegen, sofern es sich nicht um ein teures Studium im Ausland, welches das übliche Mass überschreitet, handelt.

Im Gegensatz zu Schenkungen an die Nachkommen, bei welchen der Gesetzgeber im Grundsatz von einer Ausgleichungspflicht ausgeht, sofern der Erblasser die Nachkommen von der Ausgleichung nicht befreit hat, geht das Gesetz bei Zuwendungen an die übrigen gesetzlichen Erben, mithin vor allem bei Zuwendungen an den Ehepartner, davon aus, dass diese nicht auszugleichen sind, ausser der Erblasser hätte dies angeordnet. Der Ehegatte hat lebzeitige Schenkungen somit grundsätzlich nicht auszugleichen, ausser der Erblasser hätte dies verfügt.

Erben, welche lebzeitige Zuwendungen auszugleichen haben, können sich diese entweder dem Wert nach anrechnen lassen, oder in natura in die Erbmasse einwerfen. Die Ausgleichung hat dabei nach dem Wert der Zuwendung zur Zeit des Erbganges zu erfolgen. Dies ist vor allem zu berücksichtigen, wenn den Nachkommen Geld für den Kauf einer Liegenschaft geschenkt wird. Wird das Geld nämlich direkt für den Kauf der Immobilien verwendet, so wird dies in der Erbteilung grundsätzlich so betrachtet, wie wenn (ein Teil) der Immobilie geschenkt worden wäre. In der Erbteilung hat der Erbe demnach auch einen allfälligen (prozentualen) Mehrwert (der Schenkung) auszugleichen, sofern der Erblasser nicht anders verfügt hat.

Damit Schenkungen, welche nicht mehr als übliche Gelegenheitsgeschenke qualifiziert werden können, auch noch lange nach Weihnachten Freude bereiten – und nicht zur Bescherung im übertragenen Sinn werden – ist es sinnvoll, dass im Rahmen einer Nachlassplanung – oder bereits anlässlich der Schenkung – auch klar festgehalten wird, ob, und wenn ja in welcher Höhe, lebzeitige Zuwendungen auszugleichen sind.