09.01.2024

Ausgewählte gesetzliche Neuerungen ab Januar 2024

Reform AHV 21

Per 1. Januar 2024 trat die von Volk und Stände angenommene Reform zur Stabilisierung der AHV in Kraft. Die Reform beinhaltet sowohl die Änderung des AHV-Gesetzes als auch den Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Mit Inkrafttreten der Reform wird das Renteneintrittsalter von Frauen und Männern vereinheitlicht. Das Referenzalter (früher «ordentliches Rentenalter») der Frauen wird schrittweise von 64 auf 65 Jahre erhöht. Ab 2025 wird das Referenzalter jährlich um drei Monate erhöht, womit ab 2028 die Vereinheitlichung abgeschlossen sein wird. Für Frauen mit Jahrgang 1961 gilt somit das Referenzalter 64 und drei Monate, für Jahrgang 1962 gilt 64 und 6 Monate, bis letztendlich für alle Frauen ab Jahrgang 1964 das Referenzalter 65 massgebend ist. Das Gesetz sieht für die Übergangsgeneration mit den Jahrgängen 1961 bis 1969 Ausgleichsmassnahmen vor.   


Zusätzlich führt die AHV 21 Reform eine flexiblere Gestaltungsmöglichkeit der Pensionierung ein. Wer sich bis anhin frühzeitig pensionieren lassen wollte, konnte die Altersrente nur entweder ein Jahr oder zwei Jahre im Voraus beziehen. Neu kann die Rente im Alter zwischen 63 und 70 Jahren ab jedem beliebigen Monat bezogen werden. Damit ist nun ein monatsweiser Vorbezug oder Aufschub möglich, was den schrittweisen Übergang in die Pensionierung erleichtern soll. Ebenfalls im Gegensatz zu früher kann neu auch nur ein Teil der Rente bezogen werden. Die Mindestgrösse für den Teilvorbezug liegt bei 20 %, der maximale Anteil bei 80 %. Der Rest wird aufgeschoben.   


Des Weiteren bietet die Gesetzesänderung neu die Möglichkeit, für Personen, die nach dem Referenzalter weiterarbeiten und Beiträge bezahlen, die Altersrente zu verbessern. Die nach dem Referenzalter einbezahlten AHV-Beiträge werden nun, anders als vor der Revision, ebenfalls berücksichtigt, wodurch Beitragslücken geschlossen werden können.   


Die AHV 21 Reform beinhaltet zur Beseitigung des Defizits des Rentensystems einen Bundesbeschluss zur Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der Standardsteuersatz wurde von 7.7% auf 8.1% erhöht, der reduzierte Steuersatz für Lebensmittel und Bücher von 2.5% auf 2.6% und der Sondersatz für Beherbergung von 3.7% auf 3.8%. Der zeitlich anwendbare Zinssatz bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung. Somit bleiben die alten Zinssätze für Leistungen anwendbar, welche vor dem 1. Januar 2024 erbracht wurden, und zwar unabhängig davon, ob die diesbezüglichen Rechnungen erst 2024 ausgestellt werden. Die zusätzlichen Einnahmen kommen vollumfänglich der AHV zugute.   

Punktuelle Änderungen im Stiftungsrecht

Mit Gesetzesänderung per 1. Januar 2024 traten diverse Änderungen in Kraft, die der Modernisierung und Flexibilisierung des schweizerischen Stiftungsrechts dienen. So haben die Stifter neu gemäss Art. 86a Abs. 1 ZGB die Möglichkeit, auf Antrag oder mittels Verfügung von Todes wegen neben dem Zweck auch die Organisation der Stiftung zu ändern. Stifter können – vorausgesetzt die Organisationsänderung ist in den Stiftungsstatuten vorgesehen - beispielsweise Familienmitgliedern oder Vertretern von Organisationen einen Anspruch auf einen Sitz im Stiftungsrat einräumen sowie Organe aufheben oder neu schaffen. Zudem kann neu eine bisher nicht veränderbare Bestimmung, wonach das Stiftungsvermögen erhalten werden muss oder verbraucht werden kann, abgeändert werden.  


In formeller Hinsicht können unwesentliche Änderungen der Stiftungsstatuten einfacher geändert werden. Es genügt, wenn die Änderungen sachlich gerechtfertigt sind und keine Rechte Dritter beeinträchtigen (Art. 86b ZGB). Zudem wird mit Art. 86c ZGB, klargestellt dass die Änderungen der Stiftungsstatuten gemäss Art. 85-86b ZGB nicht der öffentlichen Beurkundung bedürfen.  


Schliesslich wurde die bisher in der Praxis zwar anerkannte, aber nicht ausdrücklich gesetzlich geregelte Stiftungsaufsichtsbeschwerde neu in Art. 84 Abs. 3 ZGB verankert. Beschwerdeberechtigt sind die Begünstigten oder Gläubiger der Stiftung, die Stifter oder Zustifter sowie die ehemaligen und gegenwärtigen Stiftungsratsmitglieder, sofern sie ein Interesse an der gesetz-mässigen und der Stiftungsurkunde entsprechenden Verwaltung der Stiftung nachweisen können.  


Verpasst wurde die Schaffung einer klaren gesetzlichen Regelung über die Zulässigkeit einer angemessenen Vergütung für die Tätigkeit von Stiftungsräten, ohne der Stiftung die Steuerbefreiung zu entziehen. Weitere Ausführungen hierzu finden sie hier: Das neue Stiftungsrecht per 1. Januar 2024 – Neue Flexibilitäten und verpasste Chancen (staiger.law)

Obligatorischer Klimabericht für grosse Unternehmen in der Schweiz

Bereits am 23. November 2022 hat der Bundesrat an seiner Sitzung die Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung für grosse Schweizer Unternehmen verabschiedet. Die Verordnung ist nun per 1. Januar 2024 in Kraft getreten und regelt die Berichterstattung von Unternehmen nach Art. 964a OR über Klimabelange als Teil der Umweltbelange im Rahmen der nichtfinanziellen Belange nach Art. 964b OR.  


Neu werden grosse Unternehmen in der Schweiz verpflichtet, einen Klimabericht zu publizieren. Diese Verpflichtung gilt für Aktiengesellschaften, Banken und Versicherungen, die mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen und eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Franken oder einen Umsatz von über 40 Millionen Franken erzielen.  


Die publizierten Klimaberichte müssen offenlegen, welche Auswirkungen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf das Klima hat und welche Risiken das Unternehmen durch klimarelevante Tätigkeiten eingeht. Dazu muss noch erläutert werden, welche Reduktionsziele das Unternehmen bezüglich seiner direkten und indirekten Treibhausgasemissionen setzt und wie es diese umzusetzen plant. Gemäss Art. 964c Abs. 2 Ziff. 2 OR muss das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan sicherstellen, dass die veröffentlichten Berichte mindestens zehn Jahre lang öffentlich zugänglich bleiben. 

Automobilsteuer auf Elektrofahrzeuge 

Elektrofahrzeuge waren seit der Einführung der Automobilsteuer im Jahr 1997 von einer Abgabe befreit. Durch eine vom Bundesrat beschlossene Änderung der Automobilsteuerverordnung (AStV) per 1. Januar 2024 werden neu auch Elektrofahrzeuge der Automobilsteuer unterstellt. Die Steuerbefreiung gemäss Art. 1 Abs. 1 Bst. d AStV wird aufgehoben. Der Bundesrat will damit dem Rückgang der Einnahmen aus der Automobilsteuer entgegenwirken und die Einlagen zugunsten des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) sichern.  

Aufhebung von Industriezöllen

Das Parlament hatte bereits am 1. Oktober 2021 durch die Änderung des Zolltarifgesetzes, die Grundlage zur Aufhebung der Zölle auf Industrieprodukten gelegt. Das Inkrafttreten der Massnahme hat der Bundesrat auf den 1. Januar 2024 gelegt, um die Umstellungsaufwände für Wirtschaftsakteure und bei der Verwaltung so tief wie möglich zu halten. Als Industrieprodukte gelten in der Schweiz alle Güter mit Ausnahme der Agrarprodukte (inkl. landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte und Futtermittel) und der Fischereierzeugnisse. Für diese Produkte fallen somit ab dem 1. Januar 2024 bei der Einfuhr in die Schweiz keine Zölle mehr an. Die Industriezölle wurden ursprünglich zum Schutz der heimischen Industrie vor ausländischer Konkurrenz eingeführt. Da diese Zollabgaben heute jedoch vor allem die Beschaffung von Vormaterialien aus dem Ausland verteuern, fallen sie zur Stärkung des Wirtschafts- und Industriestandorts Schweiz per 1. Januar 2024 weg.